Die RAA M-V ist Teil des Antidiskriminierungsverbandes MV und engagiert sich gegen Diskriminierung sowie für Vielfalt und Chancengleichheit.
Stellungnahme
Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns plant noch in diesem Jahr die sogenannte Bezahlkarte für Asylbewerbende einzuführen. Zunächst soll sie in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes eingeführt werden und bis Sommer 2025 auch in den einzelnen Landkreisen.
Der Antidiskriminierungsverband MV stellt in seinem Verständnis von Diskriminierung fest: „Diskriminierung ist die Benachteiligung, Ausgrenzung oder Belästigung von Personen aufgrund (zugeschriebener) Merkmale. Sie entsteht aufgrund historisch gewachsener Machtverhältnisse und ist somit ein strukturelles Phänomen.“
Verstärkte Diskriminierung gegen Geflüchtete
Im Falle der Bezahlkarte liegt eine staatliche Diskriminierung gegen Geflüchtete und asylsuchende Personen vor. Durch die Bezahlkarte wird eine ohnehin benachteiligte Personengruppe weiter in soziale Armut gedrückt. Da durch die Bezahlkarte eine Obergrenze für den monatlich verfügbaren Bargeldbetrag für diejenigen festgelegt wird, die Asylbewerberleistungen beziehen, werden die gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten für die Betroffenen weiter eingeschränkt.
Die Bezahlkarte macht arme Menschen noch ärmer. Ihnen werden Möglichkeiten genommen, mit den ohnehin knappen Finanzen zu wirtschaften. Denn kostengünstige Alternativen wie Sozialkaufhäuser, Kleinanzeigen oder Second-Hand-Läden sind meist an Bargeld gebunden.
Bereits 2012 wurde vom Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass migrationspolitische Erwägungen kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Mit der Bezahlkarte würde dieses verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum untergraben werden. Erfolgte Entscheidungen der Sozialgerichte in Hamburg und Nürnberg untermauern diese Annahme.
Erhöhter bürokratischer Aufwand
Der Auftrag für die Bezahlkarte soll in MV an ein niederländisches Unternehmen gehen. Es handelt sich um einen millionenschweren Auftrag in der bereits angespannten Haushaltslage im Land. Diese Gelder könnten auch sinnvoller angelegt werden, z.B. für Teilhabeprojekte, Inklusion und eine demokratische Gesellschaft.
Der diskriminierende Charakter der Bezahlkarte könnte dazu führen, dass Sozialgerichte in zahlreichen kostenspieligen Einzelfällen prüfen müssen, ob die betroffene Person mit der Bezahlkarte in ihrer konkreten Situation tatsächlich die existenziellen Bedürfnisse decken kann. Das wäre ein immenser Aufwand.
Die Bezahlkarte soll Verwaltungsstrukturen entlasten. Bisher müssen Bezieher*innen von Asylbewerberleistungen regelmäßig bei den Sozialämtern vorstellig werden, um ihre Leistungen abzuholen. Dabei würde eine einfache Anweisung des Sozialministeriums genügen, um die bisher in bar ausgezahlten Leistungen auf ein Basiskonto der betroffenen Personen zu überweisen. Dass dieser Möglichkeit nicht nachgegangen wird, offenbart den Kontroll- und Repressionscharakter der Bezahlkarte.
Ergebnis eines feindlichen Klimas gegenüber Geflüchteten
Maßnahmen wie die Bezahlkarte sind das Ergebnis eines zunehmend ausgrenzenden öffentlichen Diskurses, der sich gegen Geflüchtete richtet. Angebliche Argumente, wie Pull-Faktoren oder die Überweisung von Geldern in hohen Summen ins Ausland sind nur vorgeschoben. Die Bezahlkarte ist menschenunwürdig und wird zwangsläufig geflüchtete Menschen noch stärker an gesellschaftlicher Teilnahme hindern.
Daher lehnt der Antidiskriminierungsverband MV die Einführung einer Bezahlkarte entschieden ab!
Bei weiterführenden Fragen, wenden Sie sich gerne an den Antidiskriminierungsverband Mecklenburg-Vorpommern unter der Mailadresse (presse@adv-mv.de)