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Eindrücke vom Besuch des Internationalen Ravensbrück-Komitees in Neubrandenburg

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Veröffentlicht am: 9. September 2022
Beitrag aus dem Bereich: Nachrichten
Das Komitee zeigte mit seiner Präsenz Bedeutung und Zukunft dieses für die Region so zentralen Erinnerungsortes ebenso auf wie der ebenfalls während des gesamten Besuchs anwesende Oberbürgermeister der Stadt, Silvio Witt. Dem von der RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe und dessen Leiterin Dr. Constanze Jaiser initiierten Besuch wohnten u.a. etliche Vertreter:innen der Stadtverwaltung, vier Schulstipendiat:innen des START-Stipendienprogramms und die Leiterin der Gedenkstätte Ravensbrück Dr. Andrea Genest bei.

Im Frühjahr 1944 gaben sich Frauen im Neubrandenburger Außenlager in der Ihlenfelder Straße einen Schwur, das „Manifest der Frauen von Ravensbrück und Neubrandenburg“. Unter ihnen waren wohl die drei Polinnen Maria Rutkowska, Janina Peretjakowicz und Krystyna Strażyc gewesen. Der Text kursierte in etlichen nationalen Gruppen, dazu wurde er mündlich unter den Häftlingen weitergegeben. Obwohl die SS die Dokumente vernichtet hatte, fanden die Worte des Manifests mit dem Besuch des Internationalen Ravensbrück-Komitees nun am 5. September 2022 ihren Weg zurück nach Neubrandenburg in den KZ-Gedenkort „Waldbau“. „Waldbau“ bildete mit dem Lager in der Ihlenfelder Straße das KZ-Außenlager Neubrandenburg. Von 1943 bis 1945 mussten mindestens 7.000 Frauen in Neubrandenburg als KZ-Häftlinge Teile für die deutsche Rüstungsindustrie produzieren.

„Wir möchten unseren Wunsch zum Ausdruck bringen, dass unsere Kinder das Leben und die Freiheit des menschlichen Wesens als höchstes Gut ansehen“ und: „Möge die friedliche Koexistenz der Völker, soziale Gleichheit und Gerechtigkeit an die Stelle von Machtbestrebungen. Das ist der Schwur der Überlebenden von Ravensbrück, den sie sehr oft wiederholt haben. Vergessen wir ihn nicht und halten wir uns an ihre Worte.“

Marie-France Cabeza-Marnet am 5. September 2022

Marie-France Cabeza-Marnet, Tochter der mutigen Ravensbrück-Überlebenden Angèla Cabeza und Mitglied des Ravensbrück-Komitees, erinnerte mit diesen Worten fast genau 83 Jahre nach dem Überfall der Deutschen auf das unabhängige Polen die anwesenden Gäste und die Öffentlichkeit an das Leid der in den Konzentrationslagern Neubrandenburg und Ravensbrück zu Tode gekommenen sowie der überlebenden Frauen und an die massenhaften Verbrechen der Nationalsozialist:innen. Das Manifest diene auch heute als Vermächtnis und als Wegweiser für eine bessere Zukunft.

Gemeinsamer Gedenkakt mit Schüler*innen und Gedenkstätte Ravensbrück

Das Komitee zeigte mit seiner Präsenz Bedeutung und Zukunft dieses für die Region so zentralen Erinnerungsortes ebenso auf wie der ebenfalls während des gesamten Besuchs anwesende Oberbürgermeister der Stadt, Silvio Witt. Dem von der RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe und dessen Leiterin Dr. Constanze Jaiser initiierten Besuch wohnten etliche Vertreter*innen der Stadtverwaltung, vier Schulstipendiat*innen des START-Stipendienprogramms und die Leiterin der Gedenkstätte Ravensbrück Dr. Andrea Genest bei, die ebenfalls Mitglied des Komitees ist. Ebenfalls anwesend war die Geschäftsführerin der Dr. Hildegard Hansche Stiftung Nadja Grintzewitsch, deren Verdienst es u.a. ist, dass Hunderte von Namen der Frauen des Konzentrationslagers Neubrandenburg dem Vergessen entrissen werden konnten und zu einem zentralen Bestandteil der Namenstropfen-Installation der Künstlerin Imke Rust wurden.

Gedenkzeichen von Christine Kögler eingeweiht

Nach dem gemeinsamen Gedenkakt am sogenannten „Orte-Mahnmal“ erhielten die Gäste zunächst die Möglichkeit zu Führungen durch den Gedenkort in deutscher, englischer und französischer Sprache. In einem weiteren Veranstaltungsteil wurde ein Gedenkzeichen der Neubrandenburger Künstlerin Christine Kögler (ehemalige Leiterin für Bildende Kunst an der Jugendkunstschule Neubrandenburg) „Der Appell“ eingeweiht. Es bezieht sich auf einen Appell an die Menschenrechte, den die französische Überlebende Micheline Maurel, die selbst fast zwei Jahre in Neubrandenburg schwere Zwangsarbeit verrichten musste,1955 in Genf formulierte. Mit dem Gedenkzeichen zeigt der Ort nach den „Frauenkamm-Silhouetten“ und den „Namenstropfen“ der Künstlerin Imke Rust ein weiteres Mal, das Formen künstlerischer Auseinandersetzung von großer Bedeutung für eine partizipative und nachhaltige Erinnerungsarbeit sind und Freiräume für individuelles Erinnern schaffen.

Das Internationale Ravensbrück-Komitee ist seit über 60 Jahren aktiv

Das Internationale Ravensbrück-Komitee ist eine internationale Vereinigung ehemaliger Häftlinge des Konzentrationslagers Ravensbrück und seiner Außenlager. Es existiert seit mehr als 60 Jahren. Ursprünglich waren es Überlebende des Konzentrationslagers, die sich zu einem der beeindruckendsten europäischen Gremien erinnerungspolitisch engagierter Frauen zusammenfanden. Unter ihnen befanden sich auch einige namhafte Frauen, die in Neubrandenburg, im größten Außenlager des KZ Ravensbrück, schwerste Zwangsarbeit überlebten, so die Ukrainerinnen Ljudmilla Woloschina und Nadja Kalnitzkaja und die Slowenin Erna Muser. Mittlerweile setzen Töchter und auch Enkelinnen die Arbeit im Komitee zur Bewahrung des Andenkens an die Frauen von Ravensbrück fort; darunter ist nicht nur Giovanna Massariello, die Tochter der im KZ Neubrandenburg-Waldbau inhaftierten Italienerin Maria Arata, sondern auch die Tochter von Irma Gabler-Thälmann, die ebenfalls im KZ Neubrandenburg inhaftiert war. Auch Mitglieder des Komitees aus Russland waren beim Besuch im ehemaligen KZ-Außenlager „Waldbau“ dabei.

Weitere Infos zum Gedenkort

Weitere Infos zur RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe

Ansprechpartner: Dr. Martin Müller-Butz (martin.mueller-butz@raa-mv.de)

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