Fast zwei Jahre hat sich das Projekt überLEBENSWEGE | Lokale Spurensuche & digitale Erinnerungswerkstätten der Herausforderung gestellt, wie sich lokale NS-Geschichte in den digitalen Raum transferieren lässt, so dass sich eine aktive und vielfältige Erinnerungsarbeit, mit all ihren individuellen potentialen frei in der Digitalität entfalten kann.
In Zusammenarbeit mit dem Landesjugendring Brandenburg und der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück wurden jeweils vier Orte für die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg ausgewählt, um deren Geschichte zu erfassen und nach Angeboten kritischer Auseinandersetzung zu suchen. (vgl. Bildungsmodule auf der zeitlupe-Websiteund #DigiTools)
Die entwickelten Ansätze und Methoden wurden im bundesweiten Fachaustausch mit über 70 Teilnehmenden zwei Tage lang an der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück vom 14.-15. Oktober 2024 vorgestellt und aktiv „getestet“. Lehrkräfte, Künstler*innen, Aktivistinnen, Studierende, Universitätsdozent*innen konnten sich informieren und in mehreren Workshops die vorgestellten Ansätze selbst ausprobieren.
Lokale NS-Geschichte und die Lebensgeschichten dahinter sind oft bilderlos. Das Projekt überLEBENSWEGE konnte im Fachaustausch erstmalig einen neuen medialen Bildhaushalt für die lokale Auseinandersetzung als zentralen Baustein vorstellen: Die Zusammenstellung von über 500 FilmFragmenten der acht NS-Tatorte. Die Orte haben eine Bildsprache durch den Filmschaffenden Carsten Büttner erhalten und wurden vom Team zu einem öffentlich digitalen Archiv kuratiert. Sie sind im www.local-history.net zu finden. Historische Orte sind nun im digitalen Raum abrufbar und können für den eigen Erinnerungskontext genutzt werden.
Den Auftakt der Fachtagung bildeten Beiträge des Projekt-Teams. Aufgefächert wurden die theoretischen Fragestellungen und Ansätze: Was heißt es immer nur Teilchen im Haufen der Geschichte zu sehen oder nur davon zu hören. Das große Ganze oft nicht im Überblick zu haben bzw. so schnell vermitteln zu können? Was bedeutet es, sich bewusst dem Fragmentarischen als Ansatz zuzuwenden? Wie kann ein Flanieren im digitalen Raum ermöglicht werden? Was genau bedeutet es, über Sampling und Remix selbst in digitales Handeln zu kommen (anstatt „nur“ zu konsumieren)? Wo sind die Lebenswege von marginalisierten Verfolgten? Wer erzählt sie? Und wie?
Um diesen Fragekomplex zu veranschaulichen, gab es fünf sogenannte „Denkräume“, in denen die Projektpartner*innen der Hochschule Neubrandenburg mit Luna Kortus, Ruby Peters und Júlia Weber, das Jugendnetzwerks NS-Geschichte vom Landesjugendring Brandenburg mit Milena Seidl, dem Animationskollektiv monströös und die Künstler*innen Rico, Ramona Seyfarth, Imke Rust und Anna Friederike Pöschel, verschiedene Ansätze vorstellten. So wurde nicht vor der Haustür gegraben, sondern historische-politische Fortbewegungsmittel der NS-Erinnerungsarbeit im Digitalen vorgestellt.
Am zweiten Tag konnten die Tagungsgäste in Workshops selbst aktiv werden: mit dem Filmarchiv und den FilmFragmenten experimentieren (www.local-history.net), mit dem digitalen Tool MEMORInator hantieren (Memorinator), den Umgang mit Analogen in Verbindung mit Digitalen künstlerisch ausprobieren und historische Täterquellen analysieren, und deren Sichtbarmachung im digitalen Raum diskutieren.
Die Ergebnisse dieser Werkstätten präsentierten und betonten die Vielfältigkeit der Ansätze und zeigten auf, wie Digitalität& Erinnerung selbst kreiert wird; dabei befördert dass neue Angebot von überLEBENSWEGE eine große Vielfalt in Punkto Selbst-Ermächtigung und Autonomie.
Der Graphic Recorder Daniel Freymüller hat die Tagung mit den MitmachWorkshops zusammengefasst: PDF
Der Fachtag war eine Veranstaltung der RAA | Demokratie und Bildung M-V e. V. Sie fand in Zusammenarbeit der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück statt. Unterstützt durch RAA-Projektmitarbeiterinnen „Klappe auf!“ und dem Landesjugendring Brandenburg.
Gefördert wurde die Veranstaltung in der Bildungsagenda NS-Unrecht der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und durch das Bundesfinanzministerium.
Fotos: Carsten Büttner
Der DigiHistoryGuide kann heruntergeladen oder als Print bei der RAA M-V angefordert werden.