Unter dem Motto „Aufbruch in einen neuen Lernkosmos“ fand am 20. November die Jahrestagung des Kompetenzzentrums Lernen durch Engagement M-V der RAA M-V statt. Im Tagungshotel Amsee in Waren (Müritz) trafen sich die rund 70 Teilnehmer*innen zu Vorträgen, Workshops und intensivem Austausch.



Lernen im Dialog
Den Auftakt machte Julian Michels von Education Y, einem gemeinnützigen Träger wirkungsorientierter Bildungsinitiativen. Er betonte in seinem Vortrag, dass kooperatives Lernen der Kern eines guten und nachhaltigen Unterrichtmodells ist: „Gutes Lernen passiert im Dialog.“ Die Beziehung zwischen der Lehrkraft und den Schüler*innen sei dabei der Schlüssel. Wenn eine vertrauensvolle, fehlerfreundliche Atmosphäre geschaffen wird und gemeinsame Lernziele sichtbar gemacht werden, könne Schule der Ort sein, an dem wichtige Kompetenzen für die Zukunft erworben werden. Auch Ricarda Bloch vom Institut für Qualitätsentwicklung M-V betonte die hohe Bedeutung von Gemeinschaft im Kontext Lernen. In ihrer Keynote zum Thema zukunftsfähige Schule führte sie aus, dass auch Lehrkräfte die Arbeit im Team brauchen: „Durch professionelle Lerngemeinschaften erfahren sie Entlastung und in kollegialen Hospitationen können sie ihre eigenen Unterrichtsmethoden besser reflektieren.“ Ebenso wichtig sei es, dass Schüler*innen viele Gestaltungsspielräume im Rahmen des Unterrichts erhalten. „Gutes Lernen ist, wenn Schüler Verantwortung übernehmen, eigene Entscheidungen treffen können und Lernwege mitgestalten“, erklärte Ricarda Bloch. „Und genau hier setzt ja LdE als Prinzip für guten Unterricht an.“ Sinnvolle Lernanlässe, Selbstwirksamkeit, Kooperationen und Wertschätzung machen LdE-Unterricht aus, weshalb ihn das IQ M-V ausdrücklich in seinem interaktiven „Schulentwicklungsrad“ empfiehlt.


Kleine Schritte, große Wirkung
Teil der LdE-Jahrestagung war außerdem ein Fachgespräch, bei dem ebenfalls die Chancen im Mittelpunkt standen, die LdE für die Unterrichts- und Schulentwicklung bietet. Zunächst wurde ein Theaterprojekt vorgestellt, dass im Schuljahr 2024/25 an der Dethloff-Schule in Waren durchgeführt wurde. Schülerinnen der 8. Klasse dieser Regionalen Schule produzierten eine Theateraufführung im „Bürgersaal“ in Waren. Dabei übernahmen sie alle dafür relevanten Bereiche (Schauspiel, Technik, Musik, Marketing, Fundraising und Catering), um Grundschulkindern einen besonderen Tag zu bieten. AWT-Lehrer Stefan Kaufmann, der das Projekt gemeinsam mit seiner Kollegin Stefanie Intreß betreut hat, zeigte sich begeistert: „Wir sind so stolz darauf, was unsere Schülerinnen und Schüler auf die Beine gestellt haben!“ Eine der beteiligten Schülerinnen sagte: „Es war ein echt cooles Projekt und die ganze Klasse hat sich gefreut, dass wir diese Chance bekommen haben.“ Anna-Lilja Edelstein von der Stiftung „Lernen durch Engagement – Service Learning“ hielt das Theaterprojekt der Dethloff-Schule für ein gelungenes Beispiel für den Wert von LdE im Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen: „Sie können sich ausprobieren, Eigenverantwortung übernehmen, Neues an sich und ihren Mitschülerinnen entdecken und dabei Wertschätzung erfahren.“ Die Schulleiterin der Regionalen Schule Lübstorf, Andrea Pentzien, ging in dem Fachgespräch auch darauf ein, wie LdE innerhalb des Kollegiums am besten Fuß fassen kann. „Wichtig ist, dass man gemeinsam viele kleine Schritte geht, sich gegenseitig ermutigt und Feedback gibt. Bei uns hat LdE deutlich mehr Miteinander und mehr Austausch bewirkt im Kollegium.“ Ihr als Schulleiterin sei es daher ein Anliegen, ihre Kolleginnen so gut wie möglich dabei zu unterstützen, Neues auszuprobieren. „Seid neugierig und mutig“, empfahl sie auch den Teilnehmenden der Jahrestagung.


Zukunftsvisionen und Nachhaltigkeit
Inspiration für die erfolgreiche Umsetzung von LdE im Schulalltag bekamen die Teilnehmenden darüber hinaus in vier Workshops zu verschiedenen Methoden der Stärkung von Zukunftskompetenzen. Im Workshop mit Jana Wolff, BNE-Regionalberaterin für berufliche Schulen, beschäftigten sie sich mit den von der UN entworfenen 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung. Es wurde u. a. deutlich gemacht, welche Auswirkungen zum Beispiel schon kleinere Kaufentscheidungen auf Natur und Menschen haben, die sich in dem Gebiet befinden, wo die Produkte angebaut bzw. hergestellt werden. Wie man Schüler*innen dabei unterstützen kann, ihre Vorstellungskraft zu trainieren und Visionen für die Zukunft zu entwickeln, stand im Workshop des RAA-Projekts Future Flow im Zentrum. Anton Zscherpe und Anja Schmidt erläuterten, dass aktuell bei Kindern und Jugendlichen viel Unsicherheit im Blick auf die Zukunft herrsche. Mithilfe von handlungsorientierter und kreativer Medienarbeit könnten die Zukunftskompetenzen aber entscheidend gestärkt werden. Wie das konkret aussehen kann, zeigte ein im Rahmen von Future Flow durchgeführtes Projekt, bei dem Jugendliche einer beruflichen Schule Kurzfilme zu unterschiedlichen Visionen einer gerechteren Zukunft erstellt haben.
Demokratie und Kreativität
Um Gerechtigkeit und Demokratiebildung ging es im Workshop von Sabine Baumgärtel und Johanna Bertram von der Netzwerkstelle LdE Sachsen-Anhalt. Sie stellten das Demokratiespiel „Demoversum“ vor, das für den Einsatz in vielen Fächern konzipiert ist. Insgesamt umfasst es neun Spielstationen, bei denen jeweils eine demokratische Teilkompetenz im Fokus steht. Das Spiel bietet viele Gesprächsanlässe, bei denen persönlichen Erfahrungen zu Themen wie Freiheit, Toleranz, Gleichberechtigung und Zusammenhalt reflektiert werden. Auch wird diskutiert, welchen Beitrag Meinungsbildung, Kompromissfähigkeit und faire Regeln für eine demokratische Gesellschaft leisten. Kreativ-ästhetische Methoden bot der theaterpädagogische Workshop von Bettina Seiler von der Koordinierungsstelle LdE Sachsen. Hier wurden zum Teil auch eher ungewöhnliche Materialien verwendet: So zeigte Bettina Seiler den Teilnehmenden eine Übung, bei der eine Plastikfolie und Murmeln zum Einsatz kommen, um Ruhe in eine Gruppe zu bekommen, Zusammenarbeit zu stärken und besser aufeinander achtzugeben.
Das Feedback während der Abschlussrunde der Jahrestagung lautete vielfach: „Vielen Dank, wir nehmen ganz viel mit – besonders viele neue Ideen.“



