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Gedenkveranstaltung in Malchow – RAA überreicht digitalisierte Namensdatenbank

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Veröffentlicht am: 22. Mai 2025
Beitrag aus dem Bereich: Nachrichten
1733 Namen und personenbezogene Angaben überwiegend jüdischer Frauen, die im KZ Malchow inhaftiert waren, wurden erstmalig digitalisiert und für die Zukunft gesichert. Anlässlich der Gedenkveranstaltung 80 Jahre Befreiung des KZ Malchow überreichte die RAA diese Namensdatenbank der Stadt Malchow.

Die RAA – Demokratie und Bildung Mecklenburg-Vorpommern e. V. übergab im Rahmen der Feierlichkeiten zu 80 Jahre Kriegende und Befreiung des KZ Malchow der Stadt Malchow den ersten Teil einer digitalisierten Namensdatenbank.

Von geschätzt 4.000 Frauen und Mädchen, die in Malchow, einem Außenlager des KZ Ravensbrück gelitten haben, konnten die RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe für weitere Forschungen, für Haftanfragen, Schülerprojekte, Internationale Workcamps u.a.m. die Namen und personenbezogene Angaben von 1.733 überwiegend jüdischen Frauen und Mädchen aus ganz Europa in eine umfassende Datenbank einpflegen.

Zusammenführung von Forschungen

Auf der Grundlage der Forschungen von Dr. Judith Buber Agassi und dem deutsch-israelischen Projekt zu jüdischen Häftlingen Ende der 1990er und Anfang der 2000er-Jahre, an dem bekannte Namen aus der Erinnerungsarbeit, wie die Prof‘in Dr. Sigrid Jacobeit, Dr. Linde Apel, Dr. Sabine Kittel, Prof‘in Dr. Dina Porat, Prof‘in Dr. Gisela Bock, Johanna Kootz, Dr. Irith Dublon-Knebel, Dr. Constanze Jaiser, beteiligt waren, erstellten Mitarbeitende der zeitlupe Geschichtswerkstatt eine Namensdatenbank nicht nur zu den weiblichen jüdischen KZ-Häftlingen sondern auch zu Zwangsarbeiter:innen aus ganz Europa. Tausende mussten hier für die Rüstungsfirma Dynamit AG arbeiten.

Zusätzlich zu den bereits genannten Forschungsergebnissen konnte auf eine weitere Liste zurückgegriffen werden, die unter der Leitung von Dr. Bärbel Schindler-Saefkow und unter Mitarbeit der Archivarin von Ravensbrück, Monika Schnell, im Rahmen des Projekts „Totengedenkbuch“ entstand.

In der übergebenen Namensdatenbank sind 733 Namen aus dem deutsch-israelischen Forschungsprojekt verzeichnet; darin integriert Daten aus dem Archiv Ravensbrück. Hinzu kommen weitere 1.000 Namen aus einem Transport von Malchow nach Leipzig zur Zwangsarbeit in der Rüstungsfirma HASAG (Tabelle Transportliste Leipzig 8.4.1945). Vermutlich gibt es eine weitere, ähnlich große Transportliste, die sich bislang nirgendwo auffinden ließ. Forschende zum Rüstungskonzern HASAG wurden bereits kontaktiert.

Weitere Tabellen in der Namensdatenbank liefern Informationen zu Interviews und Befragungen, die in internationalen Archiven zu finden waren; auch andere überlieferte Quellen sind verzeichnet.

Zur Geschichte Malchows

Das ehemalige Munitions- und Sprengstoffwerk Malchow war bereits Ende 1939 in Betrieb gegangen und produzierte bis 1945 Sprengstoff, aber auch Zündpillen, Sprengkapseln, Sprengschnüre. Das 360 ha große Werksgelände war nahe der Stadt, aber trotzdem durch den Wald gut getarnt.

Gegen Ende des Krieges wurde das KZ zu einem Auffanglager, in dem viele Häftlinge aus Auschwitz und Ravensbrück eintrafen. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer der ermordeten, an Krankheit und Hunger sowie anderweitig verstorbenen Frauen und Mädchen immense Ausmaße hat. Noch im April 1945 versuchte die Lagerleitung Häftlinge in großer Zahl loszuwerden, in dem sie in Züge Richtung Leipzig „verladen“ wurden, um – sollten sie dort in den Kriegswirren dort überhaupt ankommen – bei der Rüstungsfirma HASAG Panzerfäuste herzustellen.

Die Arbeit des RAA-Teams wird fortgesetzt

Unter der Leitung von Dr. Constanze Jaiser waren Anne-Marie Stark, Dawid Mohr und Toni Kerschke an der Recherche und Überführung der Daten involviert. Die bisherigen Forschungsergebnisse wurden dabei neu sortiert, Begrifflichkeiten ins Deutsche übersetzt sowie weitreichende Recherchen unternommen, um Namens- und Ortsangaben auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und ggf. zu ändern. Die heutigen digitalen Möglichkeiten gab es damals vor 30 Jahren nicht.

Die Forschung zu den Tätern und Mittäterinnen steht noch am Anfang, wird jedoch fortgesetzt. Zudem wird derzeit auf der Basis handschriftlich überlieferter Dokumente aus dem Stadtarchiv Malchow eine Liste zu den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern fortgeführt. In dieser Tabelle sind bereits 761 Namen und personenbezogene Angaben festgehalten. Am Ende wird die Tabelle Angaben von 3.200-3.500 Personen beinhalten. Auch hier lässt sich schon erkennen, dass die Zahl derjenigen, die Zwangsarbeit leisten mussten, höher ist, da in den vorhandenen Aufzeichnungen Seiten fehlen.

Die hochzurechnende Gesamtzahl der damals aus ganz Europa in Malchow unter Zwang Beschäftigten, die man mutwillig verhungern ließ und in einem beispiellosen Programm „Vernichtung durch Arbeit“ ausbeuten und zugleich loswerden wollte, übersteigt mit bis zu 8.000 Personen die heutige Einwohnerzahl bei weitem.

Das überreichte Gedenk-Mobilé mit Namenstränen inhaftierter Frauen. In der Mitte der USB-Stick mit der Namensdatenbank.

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